Siehst du die Wichtigkeit des Schreibens, wenn du eine Fremdsprache lernst? Noch nicht? Keine Sorge, Melanie von Globolingua erklärt dir in ihrem Gastartikel, warum der regelmäßige Griff zu Stift und Papier dich beim Lernen unterstützt.
Hand aufs Herz: Wann hast du das letzte Mal ein paar Zeilen oder sogar einen längeren Text auf Deutsch geschrieben? Du musst über die Antwort etwas länger nachdenken? Keine Sorge… Damit bist du ganz sicher nicht allein. Wenn mir eins in den letzten Jahren meiner Lehrtätigkeit bewusst geworden ist, dann, dass das Schreiben in der Fremdsprache bei den meisten Lernern viel zu kurz kommt. Diese Disziplin wird im Lernprozess schlichtweg völlig unterschätzt und somit oft ausgelassen.
Auch in den klassischen Sprachkursen wird es oft, meist aus organisatorischen und zeitlichen Gründen, nicht groß thematisiert und gefördert, außer es geht um die konkrete Vorbereitung auf eine Prüfung.
Heute möchte ich dich dazu motivieren, das regelmäßige Schreiben von deutschen Texten in deine Lernroutine zu integrieren. Denn auch neben einer Prüfungsvorbereitung sollten sich Fremdsprachenlerner viel mehr dem Schreiben widmen. Warum das Ganze möchte ich dir in diesem Blogartikel näher bringen. Also, auf geht’s!
Warum ist das Schreiben beim Fremdsprachenlernen denn nun so wichtig?
Dafür gibt es ohne Zweifel mehrere Gründe. Auf drei von ihnen möchte ich im folgenden Absatz genauer eingehen. Bist du bereit? Dann lass uns loslegen.
Grund Nummer 1
Der Lernprozess kann ganz grob in zwei Kategorien aufgeteilt werden. Es geht dabei um das aktive und das passive Lernen. Zum passiven Prozess gehört eher das Lesen und Hören. Zum aktiven Prozess zählt hingegen das Sprechen und Schreiben. Bei den zwei letztgenannten Disziplinen gehen wir in die aktive Produktion der Sprache. Wir wenden gelernte Grammatikstrukturen, Wörter und Redewendungen an. Wir haben die Möglichkeit, mit der Sprache zu spielen.
Besonders beim Schreiben haben wir den Vorteil, die neue Sprache aktiv zu nutzen, ohne das Gefühl, gehetzt zu werden, wie es beim Sprechen manchmal der Fall sein kann. Ganz in Ruhe können wir Grammatik ausprobieren, Wörter im Kontext nutzen und uns trauen, mit der Sprache in Kontakt zu kommen. Es hilft uns immens dabei, die Scheu vor der aktiven Nutzung der Sprache abzulegen. Dabei ist es ganz egal, ob du eine Textnachricht an einen Bekannten, einen Text oder ein ganzes Buch schreibst. Schon ein paar Sätze können dir helfen, deine Sprachkenntnisse zu verbessern. Die Regelmäßigkeit spielt hier eine viel größere Rolle. Mach es zu deiner Routine.
Grund Nummer 2
Besonders für visuelle Lerntypen ist das Schreiben ein effektiver Weg, sich die Sprache einzuprägen. Das Erweitern des Wortschatzes kann dadurch ohne Zweifeln beschleunigt werden. Visuelles Lernen bedeutet Lernen durch Sehen. Und du siehst nicht nur die Wörter, du produzierst sie auch. Du nimmst aktiv an diesem Prozess teil. Zur Sicherheit schlägst du einige Wörter vielleicht sogar nochmal im Wörterbuch nach. Der ganze Prozess wird dadurch sehr aktiv. Durch das bewusste Schreiben und Sehen der Wörter, hat dein Gehirn die Möglichkeit, das Gelernte viel besser und auch langfristig abzuspeichern.
Grund Nummer 3
Strukturen, die beim Sprechen noch etwas mehr Konzentration abverlangen, können ohne Druck geübt werden. Die Zeit, die uns das Schreiben ermöglicht, kann hervorragend genutzt werden, um in der Sprache Sicherheit zu gewinnen. Außerdem kann die Zeit genutzt werden, um seinen Wortschatz gezielt zu erweitern. Das Suchen nach Synonymen kann hier ein tolles und effektives Werkzeug sein. Und dann können wir an dieser Stelle auch nochmal die Wichtigkeit des visuellen Prozesses, der hier involviert ist, erwähnen. Durch das Aufschreiben geben wir unserem Gehirn die Möglichkeit, sich die neuen, aber auch bereits gelernte Wörter sowie Struktur einfacher einzuprägen.
Gerne möchte ich dir noch einen Expertentipp an die Hand geben: Schreibst du deinen Text handschriftlich, so wird der ganze Lernprozess sogar noch mehr unterstützt. Das Schreiben mit der Hand ist nämlich ein hochkomplexer Prozess, von dem wir beim Sprachenlernen unbedingt profitieren sollten. Wissenschaftlichen Studien zufolge schließt die Handschrift einen Denkprozess ein, der beim Tippen auf der Tastatur wegfällt. Ein weiterer Vorteil des Schreibens auf einem bestimmten Block ist, dass wir eine viel bessere Orientierung haben und uns unbewusst besser daran erinnern können, wo auf der Seite wir was geschrieben haben. Die Wahrscheinlichkeit sich längerfristig an Wörter zu erinnern, wird dadurch gesteigert.
Was genau kannst du nun in der Praxis tun?
- Schaffe dir Routinen. Schreibe regelmäßig. Plane das Schreiben in deine Wochenplanung ein. Genau wie du feste Termine für Sportkurse, Musikunterricht, Treffen mit Freunden oder sonstiges hast, sollte auch das Schreiben ein fester Bestandteil deines Alltags werden.
- Setze dir realistische Ziele. Anstatt dir vorzunehmen wöchentlich zwei lange Aufsätze zu schreiben, plane lieber jeden Tag vier Zeilen ein. Es geht nämlich nicht darum, Romane zu verfassen. Regelmäßigkeit und Beständigkeit sind hier die Zauberwörter.
- Suche dir im besten Fall jemanden, der deine Zeilen Korrektur liest. So bekommst du ein direktes Feedback und weißt, wo es noch Potenzial für Verbesserung gibt.
- Suche dir Themen heraus, über die du auch im Alltag gerne sprichst. Du kannst dich auf diese Art und Weise perfekt für die nächste Konversation vorbereiten. Vokabeln, Strukturen und vielleicht sogar die ein oder andere Redewendung lassen sich auf dem Papier zunächst üben.
Nun wünsche ich dir viel Erfolg beim Umsetzen der Tipps und viel Spaß beim Erschaffen neuer Lernroutinen. Du wirst sehen, welch große Wirkung das Schreiben beim Fremdsprachenlernen hat.
Wie übst du das Schreiben in der Fremdsprache?
Über die Autorin: Melanie Stählker ist Sprachlehrerin für Deutsch, Autorin, Übersetzerin und zusammen mit ihrem Team das Gesicht hinter globolingua-deutschonline. Mit ihren Sprachkursen, vor allem im Bereich der Konversation und dem Schreibtraining, bietet Melanie speziell fortgeschrittenen Deutschlernern Raum, Sprachkenntnisse zu vertiefen, praktisch anzuwenden und zu perfektionieren.
Foto im Titelbild: Lena Müller